Mercedes hat auf dem Genfer Autosalon 2012 eine komplett neue A-Klasse
vorgestellt, die mit ihrem Vorgänger nichts mehr gemein hat. Auch bei
den Motoren und Getrieben betritt Mercedes zum Teil Neuland. Wir stellen
vor, was die neue A-Klasse antreibt.
Variabler Hub
Die dritte Generation der A-Klasse kommt mit drei Benzinern und vier
Dieselmotoren auf den Markt. Die Benziner, alles Direkteinspritzer mit
Turbo, leisten 122, 156 oder 211 PS und bieten zwischen 200 und 350
Newtonmeter Drehmoment. Die beiden schwächeren Motoren haben 1,6 Liter
Hubraum und können gegen Aufpreis auch mit einem Doppelkupplungsgetriebe
kombiniert werden, beim stärksten Benziner im A 250 ist es immer mit
dabei. Eine Wandlerautomatik wie in den Vorgängern gibt es in der neuen
A-Klasse nicht mehr. Mercedes hat sich entschieden, bei den neuen
1,6-Liter-Motoren auf einen vollvariablen Ventilhub zu verzichten.
Stattdessen setzt man auf eine klassische Drosselklappe und auf eine
zweistufige Ventilhubverstellung auf der Einlassseite. Ein Stellmotor
(Aktuator) bewegt dabei zwei verschiebbare Stücke der Nockenwellen,
damit kommt ein anderes Nockenprofil zum Einsatz, sodass die Ventile je
nach Anforderung unterschiedlich weit öffnen. Diese Hubverstellung,
Mercedes nennt das System Camtronic, funktioniert über einen
elektronisch gesteuerten Aktuator, der oben in der Mitte auf der
Nockenwelle sitzt.
Dreiteilige Nockenwelle
Die Nockenwelle selbst besteht aus drei Teilen: einer Trägerwelle und
zwei daraufgeschobenen, seitlich verschiebbaren Stücken mit den Nocken
zur Ventilbetätigung. Diese beiden variablen Stücke sitzen links und
rechts vom Aktuator. Ein Stück betätigt die Ventile von Zylinder eins
und zwei, das andere bedient Zylinder drei und vier. Die Fläche des
Nockens, mit der die Ventile über Rollenkipphebel betätigt werden, ist
nur halb so breit wie bei einem herkömmlichen Nocken. Der Platzbedarf in
der Breite ist daher identisch.
Entdrosselt
Und wozu der ganze Aufwand? Andere Hersteller setzen schon geraume Zeit
auf eine vollvariable Ventilhubverstellung, BMW macht dies mit
Valvetronic seit 2001 in den Vierzylindern. Der Vorteil der
Mercedes-Lösung soll unter anderem schlicht in deutlich geringeren
Kosten liegen. Zum anderen verspricht Mercedes, im Teillastbereich mit
der Camtronic gegenüber dem Vorgänger bis zu zehn Prozent sparsamer zu
sein. Im NEFZ, der ja nicht nur im Teillast gefahren wird, soll der
Verbrauch mit Camtronic um rund 3,5 Prozent sinken. Bei niedrigen
Drehzahlen und geringer Last arbeitet Mercedes mit kleinem Ventilhub und
schließt das Einlassventil früh. Damit kann man die Drosselklappe schon
bei geringer Last vergleichsweise weit öffnen und vermeidet so die
typischen Drosselverluste zumindest teilweise. Die Steuerung der Last
erfolgt bei geringem Drehmoment über die Drosselklappe, bei mittlerem
Drehmoment über die Stellung der Einlassnockenwelle und erst bei
erhöhtem Drehmoment über mehr Druck vom Turbolader. Fordert der Fahrer
die maximale Kraft ab, wird auf großen Ventilhub umgeschaltet. Die
Laststeuerung erfolgt dann wieder konventionell über die Drosselklappe
oder über den Aufladegrad des Turboladers.
Turbulente Nachhilfe
Allerdings nimmt bei einem kleineren Ventilhub und einem frühen
Einlassschluss die Turbulenz im Brennraum im Bereich der Zündkerze ab.
Die Verwirbelung wird aber benötigt, beeinflusst sie doch maßgeblich die
Verbrennungsgeschwindigkeit und das Durchbrennen des
Kraftstoff-Luft-Gemisches. Um dies zu kompensieren, wird im niedrigen
Teillastbereich durch eine Mehrfacheinspritzung die Turbulenz erhöht,
eine Mehrfachzündung soll eine sichere Entflammung garantieren.
So bleibt weniger zurück
Eingespritzt wird durch Piezo-Injektoren, die sich genauer steuern
lassen als die normalerweise verwendeten Magnet-Injektoren, weil sie
schneller geschaltet werden können. Bis zu fünf Einspritzungen pro
Arbeitstakt, eine davon zum Zündzeitpunkt, sollen dafür sorgen, dass der
Kraftstoff schneller verdampft und weniger weit in den Brennraum
vordringt. In der Folge schlägt sich so weniger Kraftstoff an den Wänden
im Brennraum nieder. Diese Kraftstoffrückstände würden zu mehr
Partikeln führen – doch die stehen mit der für 2014 geplanten Abgasnorm
Euro 6 auch bei Benzin-Direkteinspritzern verstärkt unter Beobachtung.
Mercedes will mit dem neuen Motor in der Warmlaufphase die
Partikelemission gegenüber dem Vorgänger um 90 Prozent gesenkt haben.
Alle drei Motoren sollen schon heute die Grenzwerte für die Euro-6-Norm
unterbieten. Ganz bewusst hat Mercedes auf ein mageres
Schichtladekonzept mit inhomogener Gemischbildung verzichtet. Die
erfordert eine aufwändigere und damit teurere Abgasnachbehandlung – im
engen Budget dieser Klasse lässt sich das nur schwer unterbringen.
Frühe Kraft
Resultat all dieser Bemühungen, so Mercedes, sind ein geringerer
Verbrauch, weniger Emissionen und mehr Kraft schon im unteren
Drehzahlbereich. Im A 250 steht ab 1.200 Umdrehungen das maximale
Drehmoment von 350 Newtonmeter zur Verfügung. Bei den 1,6-Liter-Motoren
steht die Kraft ab 1.250 Touren bereit. In einem Versuchsträger, einer
aktuellen C-Klasse, konnten wir uns einen ersten Eindruck vom
156-PS-Benziner verschaffen. Der zieht merklich besser durch als sein
gleich starker Vorgänger, wirkt aber im Drehzahlbereich über 5.000 U/min
ein wenig zäh. Bis zu dieser Marke beschleunigt der Antrieb selbst die
schwere C-Klasse allerdings ziemlich nachdrücklich. Für eine
abschließende Beurteilung ist es aber noch zu früh, denn bei dem von uns
gefahrenen Motor fehlte noch die Feinabstimmung für die Serie.
Vier Diesel
Die Dieselmotoren sind zum Teil schon aus der neuen B-Klasse bekannt.
Angeboten werden vier Motoren, wobei es im A 180 CDI zwei Motoren mit
109 PS gibt. Der eine hat 1.461 ccm und wurde zusammen mit Renault
entwickelt. Dort arbeitet er beispielsweise seit kurzem im
überarbeiteten Mégane. In der A-Klasse gibt es ihn nur mit
Schaltgetriebe. Der zweite 109-PS-Diesel, mit 1,8-Liter Hubraum, ist
dagegen nur mit einem Doppelkupplungsgetriebe zu haben und teilt sich
seine Basis mit dem A 200 CDI, für den es beide Getriebe-Optionen gibt.
Dort liefert er 136 PS und 300 Newtonmeter. Der stärkste Selbstzünder A
220 CDI bietet 170 PS (350 Newtonmeter) und soll als einziger in der
Dieselpalette schon die Euro-6-Vorgaben erfüllen. Damit wäre er seiner
direkten Konkurrenz etwas voraus, doch BMW könnte mit einem entsprechend
umgerüsteten 120d schnell reagieren – schließlich gab es einen
entsprechenden Motor im gerade abgelösten Dreier gegen Aufpreis auch
schon mit Euro 6. Gut möglich, dass Mercedes hinsichtlich der Leistung
noch nachlegt, denn BMW bietet im aktuellen 125d noch einmal deutlich
mehr PS an.
Zweistufige Abgasrückführung
Nur der Top-Diesel bekommt eine Abgasrückführung (AGR), die zweigeteilt
ist: einmal mit hohem und einmal mit niedrigem Druck. Das soll für einen
geringeren Verbrauch und weniger Stickoxidemissionen (NOx) sorgen.
Interessant ist dabei besonders der Niederdruckbereich, den nur der A
220 CDI bekommt. Dabei wird erst hinter dem Partikelfilter ein Teil des
Abgases abgezweigt und durch einen Kühler geführt. Ein elektrisch
betätigtes AGR-Ventil regelt dann, wie viel vom Abgas dem Ansaugbereich
wieder beigemischt wird. In der A-Klasse kann dieser Anteil bei bis zu
63 Prozent liegen. Durch das beigemischte Abgas sinkt der
Sauerstoffanteil der angesaugten Luft im Zylinder. Das senkt wiederum
die Temperatur im Brennraum, was weniger NOx zur Folge hat. Erst wenn
auch die letzten 20 Prozent Leistung abgefragt werden, geht der Anteil
des beigemischten Abgases gegen Null.
Zwei Pumpen im Getriebe
Mit der neuen A-Klasse wendet sich Mercedes von der klassischen
Wandlerautomatik ab und bietet nur noch ein modernes
Doppelkupplungsgetriebe mit sieben Gängen an. Bedient wird es mit einem
Lenkstockhebel rechts hinter dem Lenkrad. Bis zu 450 Newtonmeter soll es
übertragen können, was zwar derzeit kein Motor in der A-Klasse bietet,
doch mit sportlichen AMG-Modellen oder stärkeren Dieselmotoren schnell
erreicht ist. Bei der Ölversorgung setzt Mercedes auf eine
Arbeitsteilung. Eine mechanische Pumpe sorgt im normalen Fahrbetrieb für
den nötigen Öldruck, eine elektrische greift nur ein, wenn mehr Öldruck
als normal erforderlich ist oder das Start-Stopp-System in Aktion ist.
Ist der Motor beispielsweise vor einer Ampel aus, springt die
elektrische Pumpe schon in dem Moment an, in dem der Fahrer den Fuß von
der Bremse nimmt. Da die Pumpe recht klein ist, ist der Öldruck im
Getriebe schon da, wenn der Motor wieder anspringt und die mechanische
Pumpe übernimmt.